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Veranstaltungshinweis
Die Corona-Krise
Die Corona-Krise – eine Beschleunigung der Ungleichheit?
Die Corona-Krise trifft uns alle, manche härter als andere, in jedem Fall aber die Kinder und
Eltern mit am meisten. Die Kinder konnten wochenlang nicht in die Schule oder Kita gehen und das
Homeschooling wurde über Nacht als Alternative implementiert. Eltern und Kinder standen und stehen
vor dem großen Problem, dass die Digitalisierung der Bildungseinrichtungen in Deutschland -anders
als in vielen anderen Ländern- zwar auf der Agenda der Politik stand, die zeitliche Entwicklung im
Vergleich zum Fortschreiten der Digitalisierung in der Gesellschaft und in der Wirtschaft aber
deutlich hinterherhinkt. Das Positive an der aktuellen Situation ist daher die Tatsache, dass in
Zukunft die Politik nicht mehr an dieser Problematik und den dringenden Investitionen in der
Bildung vorbeikommen wird. Dennoch schadet dieser Prozess auch unseren Kindern. Ihnen wird die
Möglichkeit genommen einen strukturierten Tagesablauf durch die Schule oder Kita zu erhalten, sie
müssen sich stetig selber zum Lernen und Arbeiten zuhause motivieren und sie können ihre
gleichaltrigen Freunde lange Zeit nicht sehen. Diese Entwicklung ist in Summe nicht positiv für die
Psyche unserer Kinder.
Viele Eltern stehen mit der Kombination auch Hilfslehrer sein zu müssen und berufstätig zu
sein unter enormen Druck und es fehlt an konkreten Perspektiven. Angesicht der epidemiologischen
Lage wäre es angemessen gewesen früher beispielweise über außerschulische Lernorte wie z.B. den
Wald zu sprechen und diese in den Alltag der Kinder und LehrerInnen zu integrieren. Bedauerlich ist
auch, dass die Kinder selber oft keine Möglichkeiten über ihre Ängste und Sorgen zu sprechen, dafür
braucht es gerade bei kleineren Kindern den geschützten Raum einer Klasse oder einer Gruppe und in
erster Linie die Bezugspersonen. Viele Kinder, die keine Unterstützung zuhause erhalten, bleiben
derzeit vollkommen auf der Strecke. Sei es durch Sprachbarrieren in der Familie oder dem
Zusammenbrechen familiärer Alltagsstrukturen, diese Kinder verschwinden vollkommen von dem Radar
der Gesellschaft. Es gibt LehrerInnen, die berichten, dass sie von manchen Kindern seit Beginn der
Schulschließungen trotz verschiedener Kontaktversuche überhaupt nichts gehört haben. Kinder mit
vielen Geschwistern auf engstem Raum haben keine Möglichkeiten sich einen ruhigen Arbeitsplatz zu
suchen und können teilweise seit Wochen keine bearbeitenden Unterrichtsmaterialien o.ä. abgeben.
Hier wird eine Lücke entstehen, von der völlig unklar ist, wann und wie sie wieder geschlossen
werden kann.
Die Corona-Krise ist wie ein Beschleuniger der bereits bestehenden Ungleichheit der
Voraussetzungen für die Kinder. Daher ist es wichtig, dass allen Kindern schnellstmöglich wieder
ein geregelter Zugang zu Struktur, Bildung und Kontakt zu den Bezugspersonen ermöglicht wird. Es
ist demnach sehr zu begrüßen, dass die Kitas in NRW ab dem 08. Juni wieder mehr geöffnet werden.
Die Justiz ist auch bereits gefragt. Das Oberverwaltungsgericht befasst sich mit den Klagen von
mehreren Eltern gegen den coronabedingt unregelmäßigen Schulbetrieb. Die Kläger fordern in einem
Eilverfahren, dass der durchgängige Präsenzunterricht schon jetzt wieder aufgenommen wird. Das
Gericht wird hierzu allerdings frühestens ab dem 08.06.2020 entscheiden. Diese Entwicklung zeigt
die Brisanz dieses gesamten Themas. So überraschte jüngst das Schulministerium NRW mit der
Ankündigung, dass alle Grundschüler ab dem 15.06.2020 wieder zum täglichen Unterrichtsbetrieb im
vertrauten Klassenverband zurückkehren. Hierbei gibt es verständliche Bedenken hinsichtlich des
Infektionsschutzes und der Hygienekonzepte. Auch die kurzfriste und praxisgerechte Umsetzung ist
sicherlich nicht einfach und erfordert eine große Flexibilität der Schulen. Dennoch ist dieser
Schritt gerade für die SchülerInnen ohne ausreichende (auch sprachliche) Unterstützung zuhause ein
wichtiger Abschluss vor den Ferien und demnach grundsätzlich zu begrüßen.
Es darf zu keiner Spaltung der Gesellschaft kommen, denn klar ist, alle Familien sind derzeit
enormen Belastungen ausgesetzt und ihre Fähigkeiten mit diesen umzugehen halten unsere Gesellschaft
zusammen. So muss es eine dauerhafte Perspektive geben, damit die Eltern, die Kinder und die
LehrerInnen sowie alle anderen im Bildungsbereich Tätigen (z.B. in den Kitas oder im Offenen
Ganztag) die Chance erhalten, diese Krise gemeinsam gut zu überwinden und positiv in die Zukunft
schauen zu können.
Anna Römer
Geschäftsführerin der KED Köln, Rechtsanwältin